Wir befinden uns in jener Zeit, in der wir die größte Erweiterung unserer Ausdrucksmöglichkeiten in der Geschichte der Menschheit leben und erleben“, so stellte es Clay Shirky in einem Beitrag des Wall Street Journals fest, und zwar im Jahr 2010. Provozierend schrieb er, das inmitten der albernen Videos und des Spams die Wurzeln einer neuen Lese- und Schreibkultur sich befinden.
Unsere Welt, in der wir leben, ist nicht länger vom passivem Informationsfluss geprägt, so wie es Jahrzehnte Radio und Fernsehen es vormachten. Stattdessen leben wir heute in multidirektionalen Gesprächsräumen, in denen 12-jährige ein Publikum erreichen können, das zuvor großen Medienunternehmen, Konzernen und Regierungen vorbehalten war. Jeder von uns kann eine Stimme haben, jeder kann sein eigener Verleger sein. Es ist möglich, Ideen und Gedanken anderer zu entdecken, sie zu teilen, daran mitzuarbeiten und ein gemeinsames Handeln auszuüben. Zeit, Geschichte und Ort stellen für die Kommunikation und das Zusammenwirken kein Hindernis mehr da.
In dieser neuen Informationslandschaft sind dominante Institutionen gezwungen, alle bisherigen Annahmen neu zu überdenken. Dazu ein Beispiel: Schulbuchverlage, die vorwiegend im Printbereich zu finden waren und über den Postweg mit Schulämtern und Schulen kommunizierten, befinden sich nun im Kampf mit kleineren und wendigeren Verlagen, die sich gänzlich neu aufstellten und mit Lehrpersonen direkt kommunizierten. Der Blick auf das „Großabnehmerkreuz Schule“ vernebelt zunehmend die eigenen Distributionsmöglichkeiten. Das durch Schulbuchverlage vorgegebene Lernen und nutzen von Materialen schwindet zusehnst.
Lehrkräfte greifen selbst in ihre individuellen Unterrichtsvorbereitungen ein und wollen sich nicht länger bevormunden lassen. Da helfen auch Lehrplanvorgaben durch die Kultusministerien nicht, wenn diese meistens nur noch als Rahmen angesehen werden. Schulen entscheiden selbst und lassen den Lehrern immer mehr Freiheiten. Und weil Digitales schneller und kostengünstiger verfügbar ist, jüngere Lehrkräfte sich leichter in digitalen Welten zurecht finden, so verwundert es nicht, wenn Bildungsdampfer Mühe haben, sich zu wandeln. Die Menschen sind immer mehr online und konsumieren benutzergenerierte Inhalte, dazu Informationskanäle mit denen sie lernen und solche, die sie unterhalten. Unsere gesamte Informationslandschaft, die eigentlich durch Schulen gelehrt werden müsste, hat sich unwiderruflich verändert.
Wir alle sind Zeugen einer dynamischen und sehr unterschiedlichen Weltwirtschaft geworden. Das rasante Wachstum des Internets mit all seinen Facetten und Kommunikationsmöglichkeiten, hat in der entwickelten Welt z.B. die Verlagerung der Arbeitsplätze von den Firmen auf das Home-Office zur Folge gehabt. Etwas, was bei Lehrkräften schon immer vorhanden war, weil der Schulbildungssektor keine Räumlichkeiten zur Verfügung stellen konnte. Die Heimarbeit stellte für Lehrer sogar einen besonderen Vorteil dar, weil der Korridor zur Umstellung fehlte.
Produkt- und Dienstleistungsnischen haben in der zuvor von Monopolen beherrschten Welt eine leichtere Rolle zugeteilt bekommen, weil Suchmaschinen eine umfangreiche Informationsfülle bereitstellen. Mikro-, Kleinserien- und On-Demand-Herstellungstechniken ermöglichen zum Beispiel individuelle und kundenspezifische Auftragsfertigungen. Dazu braucht man Geschick, High-Tech, breit aufgestellte Bildung und weniger ein zweites Diplom.